Nur was man kennt und wertschätzt, das schützt man auch. Gehe mit offenen Augen durch die Nacht.
Warum braucht es die Dunkelheit?
In der Region Gantrisch kennen wir den Nachthimmel noch als dunkles Firmament mit Tausenden von funkelnden Sternen. Die Städte und Agglomerationen mit ihren Lichtglocken sind im Gantrischgebiet in Sichtnähe und erhellen den Horizont immer mehr. Während man in der Stadt Bern einen Nachthimmel sieht, der 40mal heller ist als in der unberührten Natur, ist er bei uns «nur» 0,3- bis maximal 2,5-fach erhellt. Die Lichtverschmutzung hat Folgen für Mensch und Natur (siehe nachfolgende Infobox).
Die Dunkelheit löst Prozesse aus
Gut zu schlafen, ist für viele ein Traum. Chemisch für den Schlaf verantwortlich ist ein körpereigenes Hormon: Melatonin. Wenn die Sonne untergeht, nehmen unsere Augen eine Veränderung des Lichts wahr: Das Tageslicht wird zunehmend schwächer und rötlich. Mit der zunehmenden Dunkelheit wird das Gehirn aufgefordert, Melatonin auszuschütten. Es macht uns schläfrig und lässt uns einschlafen, damit der Körper sich regenerieren kann. Geht die Sonne auf, weckt sie uns für den nächsten Tag. Unsere innere Uhr wird durch Blautöne im Tageslicht gesteuert. Ausser, wir halten sie durch kaltweisses Licht aktiv, wie es in kaltweissen LED-Leuchtmitteln, manchen Baby-Nachtlichtern und Handy- und Tabletmonitoren enthalten ist.
Dauerbeleuchtung kann bei Pflanzen den Saisonrhythmus durcheinanderbringen. So blühen Äste desselben Baumes unter Dauerbeleuchtung früher als solche, welche nicht direkt angeleuchtet werden. Die beleuchteten Äste behalten die Blätter auch länger im Herbst. Sie ziehen ihren Saft zu spät zurück, was sie gegenüber kalten Temperaturen verletzlich macht.
Orientierungshilfe durch Raum und Zeit
Am Sternenhimmel orientierten sich die Seefahrer schon vor Jahrtausenden. Das Wissen über die Sternkonstellationen wird auch heute noch weitergegeben und ist ein Lebensretter, wenn einmal die Technik ausfällt. Zugvögel ziehen grösstenteils bei Nacht. Ihnen dient das Sternenlicht als Orientierungshilfe auf ihrer Zugroute. Bei schlechtem Wetter werden sie durch Lichtglocken und durch punktuelle starke Lichtquellen abgelenkt und verschwenden wertvolle Energie durch Umwege oder sterben gar. Auf der Gurnigel Wasserscheide liegt eine IBA (International Bird Area), ein Nadelöhr, wo jeden Herbst Abertausende von Zugvögeln vorbeikommen, und ein Lebensraum, der vielen nachtaktiven Tieren Schutz gibt.
Lebensraum Dunkelheit
Der Grossteil der Tier- und Pflanzenarten ist nachtaktiv. In einer erhellten Nachtumgebung gibt es Gewinner und Verlierer. Zu den Gewinnern gehören diejenigen Arten, deren Bestände nicht in Gefahr sind. Verlierer sind die sensiblen Arten, zum Beispiel lichtscheue Fledermausarten. Die Beleuchtung ihres Tagesschlaforts (oft Dachstöcke), resp. der Ausflugslöcher führt dazu, dass sie nicht oder erst viel später ausfliegen. Beleuchtete Strassenzüge zerschneiden ihr Jagdrevier, während Dämmerungsjäger sich an den die Leuchten umschwirrenden Insekten sattfressen können. Die Verkürzung der Nacht und die Verkleinerung ihres Jagd- und Lebensraumes führt zu weniger Nahrungsaufnahme und weniger Nachkommenschaft.
Frösche und Kröten sind auf gleichmässige Hell-Dunkel-Kontraste angewiesen, da sich ihre Augen sehr langsam anpassen (kann teilweise Stunden dauern). Die meisten Frösche und Kröten gehen nur bei Dunkelheit auf Nahrungssuche und sind für Raubfeinde bei Licht besser sichtbar.
Das Glühwürmchen ist ein Botschafter der Nachtdunkelheit. Erfahre mehr über das faszinierende Insekt:
Hell & Dunkel als Taktgeber für das Fortbestehen
Singvögel beginnen aufgrund der künstlichen Helligkeit früher mit ihrem Morgengesang als normal. Dies bedeutet, dass die Paarungs- und Brutzeit sich ebenfalls verfrüht. Studien haben gezeigt, dass bei vielen Amphibien eine weniger selektive Partnerwahl stattfindet, wenn keine «sichere» Dunkelheit vorhanden ist. Bei Fischen kann Licht zu Störungen im Wander- und Paarungsverhalten führen. Glühwürmchen-Männchen meiden das Licht, während Weibchen auch unter Lampen leuchten. Sie finden sich nicht mehr. Die meisten Insekten sind nachtaktiv. Sie leisten einen Grossteil der täglichen Bestäubung der Pflanzen. Werden sie jedoch von Leuchten angezogen, bleiben sie dort und können ihre Bestäubungsarbeit nicht weiter leisten.
Wir sehen dieselben Sterne wie unsere Ahnen vor Jahrtausenden
Die Ruhe der Nacht und der Anblick des Sternenhimmels war schon immer eine Inspirationsquelle der Menschheit. Seit einiger Zeit gibt es auch ein Recht auf Sternenlicht. Der Anblick des Sternenhimmels war schon immer eine Inspirationsquelle der Menschheit, und seine Beobachtung findet sich in allen Kulturen und Zivilisationen und durch die Jahrtausende der Geschichte hindurch. Das Nachsinnen über das Firmament brachte viele wissenschaftliche, gesellschaftliche und technische Entwicklungen zu Tage. 2007 wurde durch die UNESCO die Erklärung zum Schutz des Nachthimmels und des Rechts auf Sternenlicht herausgegeben (La Palma Deklaration).
Das dunkle Herz der Region schützen
Um die Dunkelheit im Parkgebiet zu schützen, wurde in Absprache mit den Parkgemeinden eine 104.7 km2 grosse Lichtschutzzone definiert. Diese enthält die Dunkelkammern in der Moorlandschaft Gurnigel-Gantrisch und schützt damit ansässige Biotope und die Biodiversität vor Licht. Auch die International Bird Area (IBA) über der Wasserscheide Gurnigel bleibt dunkel und erleichtert Zugvögeln die Orientierung.
In diesen Gebieten gelten seither besondere Bestimmungen für Beleuchtungen, welche der FRG gemeinsam mit den Parkgemeinden erarbeitet hat. Die Bestimmungen sind nicht rechtsverbindlich, werden aber von fast allen Parkgemeinden, insbesondere von den sechs Gemeinden in der Lichtschutzzone, zum Schutz der Nachtdunkelheit freiwillig umgesetzt.
Anfang 2024 wurde der Naturpark Gantrisch für seine überdurchschnittlich hohe Nachtdunkelheit in seiner dunklen Zone als schweizweit erstes Gebiet mit dem internationalen Label «Dark Sky Park» ausgezeichnet. Die Lichtschutzzone trägt nun den Namen «Gantrisch Dark Sky Zone».
Die Nacht im Naturpark Gantrisch erleben
Das Geheimnis der Nacht – Familienexkursion für alle Sinne
Komm mit auf einen Spaziergang mit Spürsinn durch die Nacht. Wir suchen nach feinen Riechnasen, fliegenden Glühbirnen und treffen auf moderne Navigationsexperten. Dabei kommen wir dem Geheimnis der Nacht auf die Spur.
Gantrisch Forum – mit Schlafforscher Christian Cajochen
Prof. Christian Cajochen beschäftigt sich mit den Auswirkungen von Licht auf unsere Gesundheit. Am Gantrisch Forum gibt er uns spannende Einblicke in seine Forschung – und nicht zuletzt Tipps, was Schlaf und unternehmerischer Erfolg verbindet.
Sternengucker – Erlebe den Sternenhimmel im Naturpark
Ein Nachthimmel ist wunderschön, doch wissen wir meist nur sehr wenig darüber. Beim Sternengucker-Abend ändert sich das! Astronomie-Experten nehmen dich mit auf eine Reise durch die Galaxie.
Gantrisch Sagenabend im Tätschdachhaus
Gelebtes Kulturerbe im Naturpark Gantrisch. In der Tradition der alten Abendsitze berichtet der Sagenwanderer Andreas Sommer aus der reichen Sagentradition der Region. Der Erzählabend findet in der Stube des Tätschdachhauses aus dem 16. Jhd. statt.
Lernwerkstatt & Vernetzungs-Apéro Naturpark Gantrisch
Im Naturpark Gantrisch hat die Nacht einen hohen Stellenwert: Wir sind der erste «International Dark Sky Park» der Schweiz. In den Workshops an der Lernwerkstatt sammeln wir Ideen für neue Angebote und Produkte und arbeiten diese gemeinsam aus.
Space Eye Journey – Ausstellung & Planetarium
Erlebe eine Reise durch Weltall und Umwelt in einer Live-Show im modernsten Planetarium der Schweiz sowie in der interaktiven Ausstellung im Space Eye. Verbringe einen erlebnisreichen Nachmittag mit dem vollen Space Eye Programm auf der Uecht.
Space Eye Stargaze – Himmelsbeobachtung am Teleskop
Erkunde das Universum mit einem atemberaubenden Blick ins All durch das grösste Teleskop in der Schweiz. Zudem besuchst du die interaktive Ausstellung und siehst einen Kurzfilm im Planetarium.
Space Eye Star Experts Himmelsbeobachtung
Erkunde das Universum gemeinsam mit Expert:innen. Erfahre dabei Hintergrundwissen rund um das Weltallt und die Umwelt. Zudem kannst du die interaktive Ausstellung, einen Kurzfilm im Planetarium sowie eine Sternensuppe geniessen.
Space Eye – Kids in Space Kindernachmittag
Kleine Astronaut:innen und Entdecker:innen erkunden am Kindernachmittag des Weltall und die Umwelt. Besuche die Live-Show für Kinder im Planetarium und hilf Nova ihre Mission in der Ausstellung mit dem Kinderrätsel zu erfüllen.
Das dunkle Herz – Nachtexkursion für Gruppen & Schulklassen
Wie dunkel ist unsere Nacht? Strassenlampen, Gebäudebeleuchtungen, Reklametafeln, privates Licht und unsere LED’s am Fahrzeug erhellen die Nacht – wissen wir denn noch, was Dunkelheit wirklich ist?
Tipps für einen sternenreichen Abendspaziergang
Ein abendlicher Ausflug in der Umgebung ist etwas Besonderes. Man kann sich spontan auf den Weg machen oder sich mit etwas Planung auf die Suche nach bestimmten Sternbildern machen. Von klarem Wetter abgesehen, muss es einfach genug dunkel sein. Die folgenden fünf Punkte zeigen, wie du dir kurz einen Überblick über Dämmerungszeit, Lichtverschmutzung, Mondphase, Lage von Sternbildern und die Milchstrasse verschaffst. Beachte: Auch die Natur hat in der Nacht Ruhe verdient. Sie dankt dir, wenn du dich entsprechend respektvoll verhältst. Du siehst am Nachthimmel auch schon viel, wenn du dich etwas von der Strassenbeleuchtung entfernst. Weite Reisen sind daher nicht nötig.
Zur richtigen Zeit aus dem Haus
Für einen Ausflug mit Kindern bietet sich das Winterhalbjahr an, da es dann früh dunkel wird. Hast du gewusst, dass es drei Dämmerungen gibt? Vom Sonnenuntergang bis zum allerletzten Lichtstrahl dauert es rund 2 Stunden. Für einen Spaziergang bietet sich an, bei Sonnenuntergang zu starten und das Aufgehen der hellsten Sterne und der Milchstrasse mitzuverfolgen. Die schwächsten Sterne sieht man erst zu Beginn der dunklen Nacht (nach Ende der astronomischen Dämmerung). Die exakten Zeiten lassen sich hier nachsehen.
Die dunklen Ecken finden
Auf dieser Karte, der sogenannten Light Pollution Map, finden sich die dunkelsten Ecken der Welt. Oben rechts lassen sich Transparenz und Aktualität der Karte einstellen. Je dunkler die Farbe, umso weniger Lichtverschmutzung gibt es an diesen Orten. Ab der Stufe grün sieht man normalerweise die Milchstrasse.
Milchstrassen-Garantie
…gibt es nicht immer. Von November bis Ende Januar liegt das das Zentrum der Milchstraße von der Erde aus in der Nähe der Sonne. Diese blendet uns bei der Suche nach der Milchstraße. Dafür sind aber die Wintersternbilder umso interessanter. Von März bis Mai ist die Milchstraße erst kurz vor Sonnenaufgang sichtbar. Von Juni bis August herrschen die besten Konditionen. In dieser Zeit ist sie fast die ganze Nacht sichtbar. Von September bis Oktober ist die Milchstraße dagegen direkt nach der Dämmerung für wenige Stunden sichtbar. Die Milchstrasse ist tendenziell in südlicher Richtung zu sehen. Sie erstreckt sich über weite Teile des südlichen Himmels und sieht aus wie ein milchiger langgezogener Schleier. Daher der Name Milchstraße.
Sternbilder und Planeten entdecken
… ist ein tolles Erlebnis, zumindest gut eingepackt und mit einem warmen Tee in der Nähe. Hilfe bieten mittlerweile viele Apps, z.B. Star Walk 2. Oder fliegt vielleicht gerade die Internationale Raumstation über unsere Köpfe? Nebst besten Voraussagen, wie klar der Himmel sein wird, findet sich hier auch eine Zeile zur ISS.
Mondlicht
…kann der Sternbeobachtung einen Strich durch die Rechnung machen. Daher ist es ratsam, sich über die Mondphase zu informieren. Neumond oder ein später Mondaufgang verheissen einen dunklen Sternenhimmel. Natürlich ist auch der Mond selber einen Ausflug wert. Wer wissen möchte, hinter welchen Gipfeln er aufgeht, schaue hier nach.